weltumsegelung.com
  Törnberichte
 

Kroatien Reisetagebuch von Utas erstem richtigen Segeltörn 26.09. – 03.10.2009.

 

Würzburg, im Café Muck 20.09.2009

Heute haben Stephan und ich uns mal an die Törnplanung gemacht. Gestern waren wir in Friedrichshafen auf der „Interboot“ und bekamen von einem Kroatien-Infostand jede Menge Infos und Broschüren.

Aus verschiedenen Quellen haben wir uns Törnvorschläge angeguckt.

Da wir leider nur eine Woche haben, müssen wir wohl auf einen Besuch bei der Insel Vis und Bisevo, inklusive blauer Grotte verzichten, da diese etwas weit von Murter entfernt liegen.

Aber man muss einfach realistisch bleiben. Zumal ich ja wie gesagt null Erfahrung habe, war ich nicht ganz so begeistert, als mir Stephan eine Nachtfahrt von Bisevo in die Kornaten schmackhaft machen wollte. Nach einigem Hin und Her hat er das dann auch eingesehen.

Freitag wollen wir wie gesagt starten. Samstag steht uns das Boot, die Elan 31, ab 12.00 Uhr zur Verfügung. Wenn wir von der Anfahrt nicht zu ko sind und die Übergabe nicht so lange dauert, wollen wir eigentlich noch die Leinen los machen und die Insel Privic ansteuern. Falls das Wetter am Sonntag stimmt, werden wir uns auf nach Skradin  zu dem Nationalpark Krka mit den berühmten Wasserfällen machen. Dort wurde der dritte Teil von Winnetou gedreht. Die  kaskadenartigen Wasserfälle sollen auf jeden Fall sehr beeindruckend sein. Allerdings will auch unbedingt die Stadt Sibenic von mir erkundet sein. Kulturell reizt mich die Stadt sehr, wo doch die Kathedrale zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt wurde. Stephan interessiert dies leider nicht unbedingt, aber vielleicht bekomm ich ihn ja doch dort hin. Mal sehen…

Am Montag wollen wir auf jeden Fall mal eine größere Strecke, bzw. den ganzen Tag segeln. Angestrebtes Ziel ist die Insel Drvenik.

Dienstag geht’s dann nach Kaprije. Den Rest der Woche lassen wir noch offen. Eventuell segeln wir noch in die Kornaten, ebenfalls einem Nationalpark, der aus vielen kleinen, felsigen Inseln besteht.

Aber so ganz wollen wir uns dann doch nicht festlegen. Zumal ja auch alles abhängig vom Wetter und der Stimmung ist. Zumindest will ich in erster Linie Urlaub, Ulraub und nochmal Urlaub, der aus einem guten Mix aus Erholung, Spaß, Sonne, Strand und Meer und einer Prise Kultur bestehen soll. Da ich ja ein armer Student bin, kann ich mir sowas nicht alle Tage leisten. Deshalb will ich auch einen „perfekten“ Urlaub. Zumal ich mir von meiner besten Freundin 500,- € habe leihen müssen, um überhaupt die letzten Wochen über Wasser bleiben zu können und überhaupt die Möglichkeit zu haben, in den Urlaub zu fahren. Da mein Ferienjob-Geld erst am 28.9. überwiesen wird, wir aber am 25.09. schon losfahren, blieb mir nichts anderes übrig.

So nun ist mit der Planung hoffentlich soweit alles fertig. Stephan hat die benötigten Scheine und mir auch noch von Compass Segelklamotten bestellt. Soweit scheint nun alles gut.

Das Einzige was mir jetzt noch Sorgen macht bin ich selbst, bzw. meine Unkenntnis übers Segeln. Mit ein bisschen Knotenkenntnis und einmal Segeln üben, kann ich da wirklich schon eine 31 Fuß Yacht steuern? Scheiße, ich hab ganz schön bammel! Aber ich werde mich zusammennehmen und mein Bestes geben. Es bleibt mir ja auch nichts anderes übrig.

Aber das wird schon alles gut gehen, dessen bin ich mir sicher. Ich freue mich so auf den Urlaub
 

Freitag, 25.09.09

12.32 Uhr, die Fahrt geht los.

Endlich! Das Packen hat mich heute morgen schon einige Nerven gekostet! Stephan hat gestern wieder mal bewiesen, das er einfach total verpeilt ist. Deshalb habe ich das Packen übernommen. Ich möchte allerdings das Szenario von gestern Abend noch einmal Revue passieren lassen:

Ich, zuhause bei meinen Eltern, habe alles zusammengepackt, zumindest meinen Teil. Gegen 18.00 Uhr hat mich Stephan (von Heilbronn kommend) dort abgeholt. Vorher hatten wir noch telefonisch abgeklärt, welche Sachen er auf keinen Fall vergessen darf: Sicherheitsweste für das Auto, Warndreieck, seine Papiere, seine ganzen Bootsscheine und natürlich die grüne Versicherungskarte (für die Stephan extra nach Stuttgart gefahren war, um sie rechtzeitig zu besorgen) durfte auch nicht fehlen. Ich verliess mich darauf, dass er diese Sachen nun alle eingepackt hatte. Sodann, als wir endlich daheim in Würzburg waren, ich wollte eigentlich abends noch packen, fängt Stephan an die besagte grüne Versicherungskarte verzweifelt zu suchen. Ich lenke mich damit ab noch ein paar Gewürze einzupacken, um nicht auszuflippen. Stephan rief seinen Bruder an, der ihm bestätigte, dass er die Karte dort vergessen hatte. Mittlerweile war es schon 21.30 Uhr. Uns blieb nichts anderes übrig, als nochmal loszudüsen und die Karte zu holen. Joy denkt bestimmt, dass wir einfach nur verrückt sind, weil wir ständig mit dem Auto Kreise fahren. Naja soviel zu gestern.

Bis jetzt ist ja alles gut. Wir sind mittlerweile unterwegs nach Österreich, hören Heikouality und die Sonne scheint. Vergessen habe ich denke ich nichts. Stephan war heute morgen sogar nochmal beim Friseur. Also ich glaube einem wundervollen Urlaub steht nun wirklich nichts mehr im Wege!

Stephan macht gerade wieder mal Scherze, dass unser Urlaubsauto, ein Twingo mit Faltdach, auseinanderfallen könnte. Finde ich persönlich nicht witzig!

14.29 Uhr erster Stop an einer Tanke. Haben dort eine Vignette für Österreich gekauft. Wir sind schon ca. 200km gefahren und jetzt ist uns auch mittlerweile eingefallen, was wir vergessen haben: Die Thermoskanne, meine Jacke, Stephans Jacke und Pullover. Aber egal, umdrehen ist nicht! Weiter gehts!

Mittlerweile läuft Jamiroquai, Sonne scheint immer noch, Stimmung soweit gut.

So, nächster Zwischenstopp: Tank auffüllen. Stephan hat sich an der Shell auch gleich mal die neue Zeitschrift „Segeln“ gekauft. Dank ihr wissen wir nun, dass wir im Mob-Fall eine „Hochrisikocrew“ sind, da wir als Paar alleine Segeln. Stephan meinte ich soll mir gleich den Artikel dazu „Mann über Bord. Wenn er über Bord geht, kann sie ihn retten?“ durchlesen. Aber er darf einfach nicht über Bord gehen!

19.02 Uhr, nach 6 ½ h haben wir nun die Hälfte der Strecke hinter uns. Das meiste ist Stephan gefahren. Er hält weiter tapfer durch.

In Slowenien wussten wir dann nicht mehr  sicher, ob wir überhaupt auf dem richtigen Weg, bzw. Autobahn sind. Die Straße sah so gar nicht nach Autobahn aus, wie wir es gewohnt sind. Es ging aber immer geradeaus, keine Möglichkeit zum Wenden, kein Parkplatz und keine Seitenbucht, um sich kurz zu sammeln und neu zu orientieren. Irgendwann kam dann eine Tankstelle. Dort fragte ich den Tankstellenwart, ob wir auf der richtigen Straße in Richtung Zagreb wären. Er sprach kein Englisch, aber gut Deutsch. Der nette Herr meinte, dass wir genau auf dem richtigen Weg wären. Ich bedankte mich und ging zum Auto, um Stephan zu beruhigen. Und nach einer Weile kam dann auch der Grenzübergang nach Kroatien. Wir wurden dort auch noch kontrolliert.

Später bin ich dann noch ein kleines Stück gefahren. Als wir beide nicht mehr konnten, hielten wir an einem Parkplatz an. Uns blieb nichts anderes übrig, als das Gepäck im Twingo umzuräumen, um darin schlafen zu können. Schlafsäcke und Kissen hatten wir ja dabei. Wir machten es uns so gemütlich, wie es nur möglich war, und schliefen auch wirklich ein.

Samstag, 26.09.09

07.30 Uhr, in Kroatien auf einem Parkplatz

Stephan hat mich (wie so oft) aufgeweckt. Draußen war es nebelverhangen, wolkig und sehr, sehr kalt. Allerdings sind wir auch irgendwo in den Bergen gelandet.

Nachdem wir uns startklar gemacht haben, inklusive das Gepäck wieder sachgemäß verstaut, gings weiter. An der nächsten Tankstelle gabs erstmal einen Nescafé Express.

08.49 Uhr, Juhuu das Meer!

09.53 Uhr, wir nähern uns Murter. Die Landschaft ist herrlich, ähnlich wie in Mallorca. Mediteran eben. Mittlerweile ist es auch angenehm warm und die Sonne scheint.

An den Straßen wird einem an Ständen Olivenöl, Tomaten, Trauben, Kürbisse, Knoblauch und andere Köstlichkeiten angeboten. Herrlich!

Bei einer kurzen Pinkelpause entdecke ich einen Feigenbaum und ernte gleich ein paar davon. Deliciös, einfach köstlich! Stephan ist wieder mal etwas skeptisch, Feigen hat er wohl noch nie gegessen. Aber er kostet tapfer und ich glaube der Geschmack findet sein wohlwollen.

Überall Olivenbäume vollbehangen mit Oliven und wieder das Meer in Sicht.

10.30 Uhr, Ankunft in der Marina von Murter Hrmamina.

Übernahme vom Boot ging reibungslos. Da das Boot letzte Woche nicht verchartert war, konnten wir gleich auf unsere Elan 31, die „Harry“.

11.45 Uhr checken gerade, ob alles an Bord ist. So wies aussieht hätten wir einiges wohl zuhause lassen können, Feuerzeug, Spüli, etc.

Mir ist warm und ich würde am liebsten gleich ins Meer springen. Aber wir müssen ja noch unser ganzes Gepäck hierher transportieren, aus dem Hafen raus, etc.

Oh je, jetzt komm ich wohl nicht mehr ums Segeln rum. Ich hoffe so, dass ich nicht seekrank werde!

Zum Glück kennt sich Stephan mit den ganzen Bootsbezeichnungen aus, die in der Checkliste abgehackt werden müssen. Ich hätte jetzt vermutet, dass der Bootsmannstuhl das Klo ist. Aber dem ist wohl nicht so, wie mich Stephan gleich grinsend belehrt. Als mir Stephan noch ein paar Dinge wegen der Rollgenua erklärt, wird mir in vollem Ausmaß bewusst, worauf ich mich da eingelassen habe. Auf jeden Fall ist das jetzt kein Spaß mehr. Oh man, obwohl mir im Kopf schon Bilder von einer einsamen Bucht, lecker Essen, das ich in der Pantry zubereitet habe und wir mit einem süffigen Rotwein genießen, rumschweben, habe ich schon etwas Schiss. Zum Glück gibts im Notfall den Autopiloten. Naja, vielleicht bin ich auch ruhiger, wenn ich aus der warmen Jeans rauskomme und das Gepäck endlich hier ist.

 
 
 
Wir warten noch auf Dana oder Dane, der die Übergabe mit uns machen soll. Als er endlich da ist erklärt er Stephan gleich die ganzen navigatorischen Instrumente. Wir waren eigentlich schon am Ende mit dem Check-In, da fragt Stephan ihn, ob er uns einige Buchten empfehlen könne. Er bejaht dies und zieht gleich die Seekarten auf den Salonklapptisch. Da die Karten ja groß sind, will ich mich auch mal nützlich machen und den Tisch hochklappen. Auf einmal schreit der gute Marineri laut auf und sein Gesicht ist schmerzverzerrt. Ich begreife erst Sekunden später. Der Marineri wollte gerade die Karten auseinanderfalten, ich den Tisch hochklappen, und das Ende vom Lied war, das sein kleiner Finger unglücklicherweise dabei eingeklemmt wurde. Als ich die Kappe loslasse rennt er sofort an Deck, auf
 

seinen Roller zu und düst davon. Tja nun sitzen wir hier und haben keine Ahnung wann und ob der Arme wieder kommt. Oh man das musste ja passieren! Es lief bis jetzt ja alles zu gut.

15.15 Uhr, man bin ich geschafft. Ich schwitze und meine Haut klebt und das nur vom Gepäck ins Boot schleifen und verstauen. Stephan hat den Twingo noch außerhalb der Marina geparkt. Die Parkgebühr von 9,- € pro Tag ist uns einfach zu teuer. Hoffen wir mal, das wir unseren schlumpfblauen Flitzer noch genauso vorfinden werden, wie wir ihn verlassen haben.

Jetzt sitzen wir am Salontisch und verschnaufen noch eine Weile. „Unser dritter Mann sitzt auch mit am Tisch“, meint Stephan und zeigt auf den Autopiloten neben mir. Ich muss lachen. „Wann fahren wir endlich los??“, frage ich ungeduldig. Ich will mich endlich in die Fluten stürzen. Aber Stephan nur: „Relax! Komm ich zeig dir mal die Ankerwinch.“

Jetzt kommt auch gerade unser Marineri wieder. Ich entschuldige mich tausend Mal für das Maleur aber er meint nur abwinkend: „No problem.“ Auf der Seekarte zeigt er uns ein paar schöne Fleckchen, die wir ohne Probleme heute noch ansteuern könnten. Wir bedanken uns bei ihm und er lässt uns mit Harry allein.

15.44 Uhr, ich glaube ich muss gleich platzen, wenn wir nicht bald losfahren. Ich bin zu einer Sauna mutiert! Und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich unausstehlich werde, wenn ich schwitze. Stephan meint da immer ich würde so vulgär werden. Ich verstehe das Problem ehrlich gesagt nicht. Ich will nur aus dem Hafen raus, in eine Bucht und schwimmen gehen. Jetzt zu duschen würde eh nichts bringen. Das Hafenmanöver ist sicher wieder schweißtreibend.

16.45 Uhr das Hafenmanöver war weniger als anstrengend, nämlich gar nicht. Unsere Bootsnachbarn waren schon ausgelaufen. Dann hieß es nur noch Leinen los und raus aus der Marina. Motor an, Stephan an der Pinne, Ich räume die Festmacher und die Fender auf. Und jetzt ist der langersehnte Zeitpunkt endlich gekommen. Ich sitze im Bikini an Deck, Stephan steuert und wir genießen die Aussicht. Ich nach einer Weile: „Guck mal, da hat irgendeiner was ins Wasser geschmissen, oder was verloren!“ Die Idylle wird jäh zerstört, als Stephan noch so ein weißes Teil im Meer schwimmen sieht und begreift, dass es sich dabei um ein Fischernetz handelt. Nicht weit von uns sehen wir auch das vermutlich dazugehörende Fischerboot. Stephan stürzt gleich zu unserem dritten Mann, dem Autopiloten, den er testweise montiert hatte und ändert schnell den Kurs.

Übrigends haben wir unseren dritten Mann „Sally“ getauft, wegen dem Film „Harry and Sally“. Find ich eigentlich doof, weil ich hier die Frau an Bord bin, aber solange Sally ihren Job gut macht, ist sie als weiteres, weibliches Crewmitglied akzeptiert.

Das Meer ist inzwischen tief dunkelblau und die Gischt spritzt auf meine Haut, das ich Gänsehaut bekomme. Aber das ist trotzdem angenehm. Wer weiß, vielleicht bekomme ich ja heute schon ein bisschen Farbe. So tuckern wir mit Motor nun eine Weile. Ich genieße es, einfach mal nichts zu machen. Ab und zu darf ich nun auch Sally bedienen. Zum Segel hochziehen sind wir für heute beide zu kaputt. Wir entscheiden uns für eine Bucht, die uns der nette Marineri, dessen Finger ich eingequetscht hatte, empfohlen hat.

Da unser GPS im Schiff festgemacht ist, rennt Stephan ins Boot und wieder ins Cockpit. Ab und zu ruft er raus zu mir: „ -2, Kurs 38°.“ Ich: „OK!“ und bediene Sally.

Als wir unsere schnucklige Bucht Kosirina nun endlich finden, merken wir gleich, dass der Marineri diese Bucht wohl den meisten hier empfohlen hat. Jedenfalls sind wir nicht allein.

Stephan hat noch etwas Sorgen wegen dem Ankern. Mmh ich kann dazu wie so oft beim Thema Segeln wenig oder nichts sagen. Er meint ich solle die Meter der Ankerkette zählen, die ich ins Meer herablasse. Ok, ich begebe mich vor zum Ankerkasten. Ungeduldig warte ich darauf, dass ich endlich den Knopf „Down“ drücken kann. Stephan fährt immer weiter auf den abgegrenzten Schwimmbereich zu, was mir gar nicht so behagt. Dann gibt er endlich das ok. Ich lasse Ankerkette runter, was das Zeug hält. Aber die Meter mitzuzählen, wie viel Kette jetzt schon im Wasser ist, erscheint mir oder besser gesagt ist mir, aufs Erste unmöglich. Ein Glied der Ankerkette gleicht seinen Geschwistern auf ein Haar: Verzinkter Stahl, vom Salzwasser schon leicht angegriffen mit flüchtigen Rostspuren. Aber ich bin optimistisch und gebe weiter ordentlich Kette. Als Stephan stopp ruft halte ich inne. Gespannt fixieren wir die Kette, die im dunkelblau-türkisgesprenkelten Nass verschwindet. Stephan: „Such dir mal einen Punkt an Land.“ Ich begreife nicht gleich, aber dann merke ich was es zu bedeuten hat. Stephan fragt verzweifelt: „Hast du die Meter gezählt, wenigstens ungefähr??“ Ich: „Wie denn? Wie soll ich die denn zählen?“ Irgendwann meine ich so: „Ey sag mal, wir treiben auf die andere Yacht zu.“ Stephan jumpt zur Pinne: „Oh shit, wir müssen den Anker nochmal einholen.“ Das hilft sonst alles nichts!“ Ich begebe mich also wieder vor zum Bug und drücke im Ankerkasten auf „UP“. Am Anker hängt Seegras und ein Lappen. Folglich hat der Anker ja schonmal Grund gesehen. Nicht ganz so schlecht, denke ich.

Das ganze Manöver fahren wir nun ein zweites Mal. Auf den abgegrenzten Schwimmbereich zu, Anker raus (dieses Mal gebe ich mir wirklich Mühe die Meter mitzuzählen) und Rückwärtsgang rein. Ich zähle und zähle: „Eins – Zwei – Drei…“. Schließlich hat Stephan gemeint, dass man dreimal soviel Kette gibt, wie das Meer tief ist „…19 – 20 - …hmmm, ruft mich Stephan? Egal, die 24 Meter müssen raus. 25, sicher ist sicher!“ Stephan legt die Hand auf meine Schulter und schreit: „STOP, man ich habe hier jetzt schon die ganze Bucht zusammengeschrien! Hast du mich nicht gehört?“ „Tschuldigung“, murmel ich, „aber ich wollte doch sicher gehen wegen der Kette!“ Wir fixieren beide die Wohnmobile an Land, um uns zu vergewissern, dass wir nicht abtreiben. Und tatsächlich: Der Anker hält. Wir warten aber noch eine Weile, fixieren weiter die Wohnwägen und die anderen Yachten um uns herum, um wirklich sicher zu sein das er hält.

Inzwischen steht die Sonne schon sehr tief und der Wind ist auch etwas frisch. Aber wir beide wollen trotzdem unbedingt noch ein paar Bahnen im Meer ziehen. „Mach doch gleich mal die Badeleiter runter“, meine ich zu Stephan. Der Film „Openwater 2“ geistert uns beiden denke ich zu sehr im Kopf herum, als dass wir die Badeleiter vergessen könnten. Zaghaft strecke ich meinen rechten großen Zeh ins Wasser: „Uuh ist das kalt!“ Stephan und ich stehen beide auf der Badeplattform. Schließlich nehme ich mich zusammen und mache einen Köpfer ins Wasser. Doch nicht so schlimm kalt. Auf jeden Fall wärmer als die Tauber in Gamburg! Nach gutem Zureden tut es mir Stephan gleich und hechtet mit einem Kopfsprung in die Fluten. Da die Sonne nun ganz weg ist, wird mir schnell kalt. Noch ein paar Bahnen und ich klettere wieder an Deck und teste gleich mal die Heckdusche. Stephan fühlt sich nach einigen Zügen richtig wohl im Wasser und schwimmt noch einige Runden um Harry.

Ich friere wie ein Schneider, da der Wind ordentlich pfeift. Und ich bin dankbar wenigstens die Fließjacken eingepackt zu haben. Der Anker hält immer noch, soweit alles in Ordnung.

Stephan kommt an Deck und nachdem auch er geduscht hat erkundigt er sich nach dem Abendessen. Mittlerweile ist es 19.00 Uhr. Verständlich, dass der Magen sich da mal meldet. Also mache ich mich an die Töpfe und zaubere lecker Gewürzkartoffeln mit Tomatenpesto auf den Tisch. Stephan kontrolliert währenddessen, ob wir noch sicher in der Bucht vor Anker liegen und studiert die Seekarten. Zwischendurch wirft er zufrieden ein: „Genauso muss es in einer Pantry auf einem Segelboot riechen. Schön nach Knoblauch, viel Zwiebeln und Gewürzen!“ Ich freue mich sehr über den anerkennenden Kommentar. So wie der Duft das Riechorgan erfreute, erfreuen sich nun unsere Geschmacksnerven an dem Essen. Ich liebe es zu kochen und wenn es dann noch richtig gut schmeckt freue ich mich umso mehr.

22.30 Uhr, Stephan ruht sich gerade etwas aus. Ich halte Ankerwache. Den Wetterfunk um 21.45 Uhr haben wir abgehört, aber nicht alles verstanden.



Es ist 23.45 Uhr und auch ich gehe endlich zu Bett in die Heckkoje. Alle Stunde klingelt Stephans Handywecker. Abwechselnd schauen wir draußen nach dem Rechten. Ein wundervoller Tag geht nun zu Ende.



 


Sonntag, 27.09.09

7.15 Uhr in der kleinen Bucht Kosirina auf Murter

Draußen ist alles ruhig. Wir liegen noch sicher in der Bucht. Die Yacht hinter uns ist bereits verschwunden.

Stephan studiert wieder die Seekarten und ich mach erst einmal Tee. Da wir ja auf Urlaub und Entspannung aus sind, wollen wir es heute erst mal ganz langsam mit dem Segeln angehen.

Da nach Stephans vergeblichen Anstrengungen der Außenborder von Quicksilver, unserem Dingi, nicht richtig laufen will, paddeln wir an Land. Wir ziehen Quicksilver aus dem Wasser auf das Kiesbett. An den vielen Wohnmobilen vorbei, laufen wir am felsigen Ufer entlang. Wir genießen die herrliche Aussicht und ich sammle ein paar leere Schneckenhäuser. Dabei ziehen kleine Krebse unsere Aufmerksamkeit auf sich. Sie flitzen so schnell mit ihrem seitlichen Gang, dass man gar nicht so schnell gucken kann. Nach einer Weile macht sich Stephan Gedanken um unser Dingi, das nirgends festgemacht am Ufer liegt. Wieder bei Quicksilver paddelt Stephan zurück. Noch nicht ganz bei „Harry“ angelangt springe ich vom Dingi ins Wasser. Es ist herrlich! Ich schwimme und plansche ausgelassen in Meer.



Stephan hält mit dem Dingi weiter Kurs auf „Harry“.



Nachdem ich mich mit der Heckdusche abgebraust habe, machen wir klar zum Ablegen. Die Ankerwinch zieht brav den Anker nach oben. In der Ankerkette hatte sich eine Angelleine verfangen, die Stephan mit einem Messer entfernt.

11.45 Uhr, wir verlassen die Bucht Kosirina und unser Motor, den Stephan Erwin taufte, tuckert munter vor sich hin. Auf dem offenen Meer ziehen wir das erste Mal das Großsegel hoch. Und dann der große Flop: Die Logge zeigt 0,0 Speed an. Es herrscht absolute Windstille. Wir setzen noch die Rollgenua, aber richtig segeln geht trotzdem nicht. Mit 0,5 bis ein Knoten kann man das nicht wirklich Segeln nennen. Also werden alle Segel wieder eingeholt. Immer noch 0,0 Knoten, wir treiben von uns hin. Das macht das Verstauen des Großsegels aber auch leichter. Erwin wird nun wieder angelassen und auch Sally wird wieder an der Pinne montiert.

Die Sonne scheint und keine Wolken am Himmel. Am Horizont tummeln sich weitere Segelboote. Wir tuckern vor uns hin und ich habe sogar Zeit meine Nägel zu lackieren. Super!

Als Mittagssnack gibt’s Salamibrot für Stephan und ich mache mir einen lecker Obstsalat aus Äpfeln, Birnen, Nektarinen, Pflaumen und den lecker Feigen, die ich gestern am Straßenrand gepflückt hatte. Stephan darf natürlich mitessen.

Ursprünglich wollten wir heute in der Bucht der Insel Tijat übernachten. Da Stephan aber heute nicht schon wieder ankern möchte , entscheiden wir uns für die Marina in Tribunj. Als sich Stephan aber in unseren Küstenhandbüchern Infos über die Marina dort durchliest, entscheiden wir uns entgültig für die Marina in Vodice. Der Grund: In Tribunj wurde die Marina neben dem Hafen neu gebaut. Dort scheint alles aber noch etwas unorganisiert zu sein, kein Mooringleinen etc. Da ich ja noch nie so richtig gesegelt bin und da ich auch noch keine Hafenanlegemanöver kenne, ist Stephan glaube ich doppelt nervös. Anlegemanöver in Marinas behagen ihm glaube ich gar nicht und so werde auch ich natürlich etwas unruhig, weil ich wie gesagt, darin noch keine Praxis habe.

Noch bevor wir in der Nähe der Marina sind, bittet mich Stephan bereits die Fender an der Reling festzumachen, die Festmacherleinen und den Bootshaken bereit zu legen. Dann erkundigt er sich bei der Marina Vodice via Funk, ob dort ein Liegeplatz für uns frei wäre. Wir erhalten von der Marina grünes Licht.

Sichtlich angespannt steuert Stephan auf die Marina zu. Sally habe ich schon vor einer Weile unter Deck gebracht, da sie unglücklicherweise den Geist aufgegeben hat. Mmh, hoffentlich funktioniert sie morgen wieder! Ich hatte sie inzwischen schon richtig ins Herz geschlossen.

In der Marina wartet bereits ein  Marineri am Anlegesteg, dem ich, wie Stephan mir vorher erklärt hatte, die Festmacherleine zuwerfe. Ich führe das andere Ende der Leine unter der Reling durch und belege die Klampe am Heck. Stephan steuert noch. Der Marineri zieht die dünne Mooringleine aus dem Wasser, die an einem Ring am Anlegesteg fest ist. Mit dem Bootshaken ergreife ich sie und ziehe sie zu mir hoch. Mit den Händen hole ich nun Stück für Stück die dünne Mooringleine aus dem Wasser bis aus der dünnen eine dicke Leine wird. "Mit der dicken Leine musst du dann die Klampe am Bug belegen " hat Stephan mir vorher erklärt. "OK, das dürfte ja nun kein Problem mehr sein", denke ich. Plötzlich stutze ich: "Wie? Die dicke Mooringleine ist offenbar am Grund fest. Wie soll ich dann da die Klampe belegen??" (Wie gesagt ich machen den ganzen Spaß zum ersten Mal durch. Erfahrene Segler werden mein Verhalten vielleicht belächeln, aber man kann ja nicht gleich segeln, nur weil der Freund einen Segelspleen hat.)

Stephan hat den Motor nun abgestellt und mit Hilfe des Marineris das Backbordheck (Luv) befestigt. Er merkt, dass ich gerade etwas hilflos bin und schickt mich hinter zum Marineri die Festmacherleine des Steuerbordhecks, die mittlerweile durch den Ring am Steg gezogen wurde, an der Klampe festzumachen. Stephan legt die Mooringleine aus dem Wasser auf die Klampe am Bug. Er erklärt mir, dass die Leine in eine Kette übergeht und diese im Hafengrund einbetoniert ist. Der Marineri lässt uns erstmal alleine.





Geschafft! Das erste Anlegemanöver! Jetzt erst mal ein Anlegebierchen. Stephan und ich genießen die kühlen Radler und sind einfach nur erleichtert. Der Marineri kommt wieder und erklärt uns alles. Dusche, WC, Strom und Wasser sind im Preis, der sich auf die Länge der Yacht bezieht, mit inbegriffen. Zahlen müssen wir, gegen Hinterlegen der Bootspapiere, morgen. Nachdem das geklärt ist, gehen Stephan und ich erstmal in der Marina duschen. Herrlich so eine Dusche!


Danach machen wir uns auf in die Stadt oder eher verschlafenes Kleinstädtchen. Ich kaufe Postkarten und Briefmarken für die Lieben zu Hause. Meine Oma und Opa freuen sich immer besonders, wenn ich ihnen eine Karte schicke.

Wir orientieren uns am Kirchturm der Stadt, der übrigens mit dem Turm des Hotels Puna als allgemeine Orientierungshilfe für Segler dient.

Das Hafenörtchen hat ein herrlich südländisches Flair: enge Gässchen, mit hellen Steinen gepflastert. So schlendern wir eine Weile. Da wir keine Konoba finden, die uns wirklich überzeugt (wir wollten uns schon in einer niederlassen, aber da war mir die Menükarte zu fleischlastig) setzen wir uns in eine Bar an der Kirche. Dies scheint eine gute Wahl gewesen zu sein, denn um uns herum spricht man nur kroatisch. Wir genießen beide ein kühles Heineken. Die Idylle wird nur zwei Mal von den ohrenbetäubenden Glocken des Kirchturms gestört, die die Leute zum Gottesdienst rufen wollen.




Als wir zahlen erkundigt sich Stephan, ob man uns eine gute Konoba empfehlen kann. Wir bekommen einen Flyer und eine Wegbeschreibung zur Konoba Rustika. Als wir uns dorthin aufmachen und an der Kirche vorbei laufen, ist diese inzwischen voll mit Menschen. Nach kurzer
Zeit finden wir die Konoba Rustika. Als wir zum Eingang laufen kommen wir an der Küche vorbei. Es riecht schon lecker nach Fisch, Knoblauch, Zwiebeln und Kräutern. Die Konoba ist wie der Name schon verrät rustikal eingerichtet. Die Tische und Bänke sind alle aus Holz
(und sogar der Toilettenpapierhalter). Wir setzen uns im ersten Stock an einen Tisch und die darauf stehende Kerze wird sogleich von der aufmerksamen Kellnerin entzündet.

Stephan bestellt einen gemischten Fleischteller vom Grill mit verschiedenen Steaks, Fleischspießchen, einer Wurst, Röstzwiebeln und Bratkartoffeln. Genau das Richtige für ihn, denke ich. Einen Berg Fleisch und Kartoffeln, das wird ihm schmecken und ihn satt machen.
Ich bestelle Seeteufel mit grünen Tagliatelle. Ich bin hin und weg! Wir beide sind es! Ich habe noch nie Seeteufel gegessen. Er ist zart wie Butter! Die Tagliatelle schwimmen in einer leckeren Knoblauchsoße.
Zusätzlich bekommen wir einen großen Korb voll mit selbst gemachtem Steinofenbrot. Es ist einfach nur köstlich!

Stephan und ich sind beide nun wirklich satt! Da wir das Brot nicht ganz aufessen können, lassen wir es uns einpacken. Nachdem wir gezahlt haben, laufen wir zurück zum Boot. Urplötzlich wimmelt es in den Gassen an Menschen. Das verschlafene Örtchen erwacht zum Leben. Alte Damen in schwarz, Mütter mit Kinderwägen und kleine Herrentrupps ziehen laut lachend an uns vorbei. Zwei Nonnen stehen vor der Kirche, ein Keyboard wird aus ihr getragen. Typisch für den Süden, denken Stephan und ich. Mittags wird Siesta gehalten und abends kommt Leben in die Gassen.
 Wir beide sind einfach nur glücklich, weil alles so wunderschön ist. Eng umschlungen und uns gegenseitig verliebte Blicke zuwerfend kommen wir am Boot an. Während ich Postkarten an Familie und Freunde schreibe, döst Stephan ein wenig. 22.55 Uhr glücklich, müde und vollgegessen trollen wir uns in unsere Heckkoje.
 
  Insgesamt waren 38323 Besucher (268644 Hits) auf der Seite. :)  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden